Content, Design oder Intent-First – welcher „First“ führt im Webdesign zum Ziel?

In Webprojekten führt selten ein einziger Weg zum Ziel. Während einige Kund:innen mit klaren Texten, fertigen Strukturen und konkreten Vorstellungen starten, beginnen andere mit einer Idee, einem visuellen Stil oder schlicht dem Wunsch nach mehr Sichtbarkeit.

Es ist immer wieder spannend, wenn wir als Kreativagentur neue Webprojekte starten, denn je nach Ausgangssituation kann die passende Herangehensweise für uns sehr unterschiedlich aussehen – und genau hier liegt oft die Herausforderung. Nicht selten geraten Projekte ins Stocken, weil zu Beginn nicht klar ist, welcher Weg zielführend ist.

In der Webdesign-Praxis haben sich für uns im Agentur-Alltag drei Wege etabliert: Content-First, Design-First und Intent-First. Jede dieser Strategien hat ihre eigenen Stärken und ihren idealen Einsatzbereich.

Manchmal entsteht das Design aus bereits vorhandenen Inhalten, manchmal liefern starke Markenbilder den Startpunkt. Und in anderen Fällen entwickelt sich die Struktur Schritt für Schritt aus dem gemeinsamen Verständnis des Ziels.
In diesem Artikel zeigen wir euch, wie sich die drei Wege voneinander unterscheiden, wann welcher sinnvoll ist und wie sie uns im Agentur-Alltag helfen können, Projekte effizienter und klarer umzusetzen.

 

Drei Wege, wie Webdesign entsteht

Content-First: Inhalte als Fundament

Beim Content-First-Ansatz entstehen Struktur und Design auf Basis bereits vorliegender Texte, Themen und Botschaften. Der Fokus liegt darauf, was kommuniziert werden soll – erst danach folgt, wie es gestaltet wird. 

Dieser Weg eignet sich besonders für Kund:innen, die ihre Inhalte bereits gut kennen, z. B. Unternehmen mit umfangreichen Texten, redaktionellen Formaten oder komplexen Themenbereichen. Das Design leitet sich dabei aus der Informationsarchitektur ab und sorgt für Lesbarkeit, Orientierung und klaren Prioritäten.

Typische Anwendungsszenarien:

  • Geschäftsberichte, Wissensplattformen oder redaktionelle Websites
  • Projekte mit bereits ausgearbeiteten Textentwürfen oder Content-Plänen

Vorteil: Eine klare inhaltliche Linie von Beginn an und eine konsistente Textstruktur geben unseren Kund:innen Sicherheit und bilden für uns die Basis einer effizienten Umsetzung.

Herausforderung: Das Design muss sich später flexibel an Textmengen und Content-Änderungen anpassen können.

 

Design-First: Gestaltung als Leitidee

Beim Design-First-Ansatz steht die visuelle Sprache im Vordergrund. Farben, Formen und Layouts bilden den Ausgangspunkt, an dem sich Inhalte und Strukturen orientieren. Hierbei führt die Gestaltung den kreativen Prozess, Texte und Inhalte werden später integriert.

Diese Herangehensweise eignet sich besonders für Marken mit einer starken visuellen Identität oder klar definierten CI-Vorgaben. Wenn ein Design-Manual, Templates oder die Kampagnenästhetik bereits bestehen, bietet dieser Weg für uns einen schnellen Einstieg in die visuelle Umsetzung.

Typische Anwendungsszenarien:

  • Markenauftritte mit hohem Wiedererkennungswert
  • Kampagnen-Landingpages oder Portfolio-Seiten mit Schwerpunkt auf visueller Wirkung

Vorteil: Eine frühe Visualisierung nimmt unsere Kund:innen von Anfang an mit und Entscheidungen werden schneller umgesetzt.

Herausforderung: Inhalte müssen nachträglich an feste Layouts angepasst werden – das erfordert Abstimmung zwischen Design und Redaktion.

 

Intent-First: das Ziel als Ausgangspunkt

„Intent“ bedeutet Absicht oder Zielrichtung und genau darum geht es bei diesem Ansatz: Nicht der Text steht am Anfang, sondern die inhaltliche Funktion einzelner Bereiche. Intent-First stellt die Nutzer:innen in den Mittelpunkt: Was sollen sie auf der Website tun, finden oder erleben? Aus diesen Zielen leitet sich schrittweise ab, welche Inhalte, Strukturen und Gestaltungselemente nötig sind. 

So wird schon in einer frühen Phase sichtbar, welche Art von Information an welcher Stelle später stehen soll. Kund:innen verstehen dadurch die Struktur und können Inhalte gezielter entwickeln. Dieser Ansatz eignet sich besonders bei komplexen Themen oder erklärungsbedürftigen Produkten – etwa in der Technologie-, Industrie- oder Dienstleistungsbranche.

Typische Anwendungsszenarien:

  • Kund:innen mit noch unklarer inhaltlicher Struktur, bei denen Inhalte und Schwerpunkte in Workshops herausgearbeitet werden
  • Kund:innen, die visuell denken und früh greifbare Mockups oder Dummies benötigen, um sich gedanklich auf die Website einzulassen

Vorteil: Durch unsere konzeptionelle Arbeit entsteht früh ein gemeinsames Verständnis für Aufbau und Funktion, das schafft für unsere Kund:innen Klarheit und erleichtert die inhaltliche Entwicklung.
Herausforderung: Dieser Ansatz benötigt mehr Konzeptionszeit, bevor konkrete Texte oder Designs entstehen können.


Praxisbeispiel: Von Design-First zu Intent-First

Bei der Neuentwicklung der Website der Landesbibliothek Oldenburg zeigte sich, wie wichtig es ist, flexibel zu sein und verschiedene Strategien im Webdesign zu kennen und zu nutzen.

Zu Beginn startete das Projekt mit einem klassischen Design-First-Ansatz: KERN entwickelte das Gestaltungs- und Funktionsgerüst der neuen Website, programmierte die Module und übergab sie an die Kundin, die die Inhalte anschließend eigenständig pflegen sollte.

In der Umsetzung wurde jedoch deutlich, dass die inhaltliche Struktur und das Verständnis für die Anwendung der Designelemente nicht ausreichten, um die Seite in der gewünschten Qualität zu füllen.
Gemeinsam mit dem Team der Landesbibliothek änderte KERN daraufhin die Herangehensweise – der Fokus lag nun stärker auf Intent-First: also auf der inhaltlichen Funktion einzelner Bereiche und der Frage, welche Informationen an welcher Stelle für die unterschiedlichen Nutzergruppen relevant sind.

Das Projekt zeigt, dass Webdesign in der Praxis kein starrer Prozess ist: Wege können sich verändern, Strategien überschneiden sich – entscheidend ist, flexibel zu bleiben und die Herangehensweise an die Bedürfnisse des Projekts anzupassen.


Ein Überblick der Vorteile und Risiken

Jeder der drei Wege kann zum Ziel führen – entscheidend ist, wann und wie er eingesetzt wird. In unserer Praxis zeigt sich, dass es weniger um „richtig oder falsch“ geht, sondern darum, die passende Methode für das jeweilige Webprojekt zu wählen.
Die folgende Übersicht zeigt die Stärken und Grenzen im direkten Vergleich:

    Strategie    Wann sinnvoll    Vorteile    Grenzen/Risiken
Content-FirstWenn Inhalte, Themen oder Texte bereit gut vorbereitet sind (z. B. Informationsportale, redaktionelle Websites, Geschäftsberichte)

➕ Klare inhaltliche Struktur von Beginn an

➕ Effiziente Texterstellung und SEO-Planung

➕ Geringes Risiko für inhaltliche Lücken

➖ Design muss sich flexibel an Textmengen anpassen

➖ Spontane Designideen sind schwieriger umzusetzen

Design-FirstWenn das Erscheinungsbild einer Marke oder Kampagne im Vordergrund steht (z. B. Markenauftritte, Image- oder Landingpages)

➕ Schnelle Visualisierung führt bei Kund:innen zu frühen entscheidungen

➕ Starke Markenwirkung und klare CI-Umsetzung

➖ Inhalte müssen nachträglich ins Layout passen

➖ Gefahr, dass das Design den Bedürfnissen der Nutzer:innen überlagert

Intent-FirstWenn Inhalte und Gestaltung noch offen sind und Ziele gemeinsam entwickelt werden müssen (z. B. komplexe Produkte, erklärungsbedürftige Themen)

➕ Hohe Nutzer- und Zielorientierung

➕ Früh sichtbare Inhaltsfunktionen und logische Struktur

➕ Fördert gemeinsames Verständnis im Team und Kund:innen

➖ Benötigt mehr Konzeptionszeit und Abstimmung

➖ Ergebnis entsteht iterativ, nicht linear

 

Fazit & Learnings

Webdesign ist kein starrer Prozess, und gerade darin liegt seine Stärke. Entscheidend ist, dass der eingeschlagene Weg zum Ziel führt – und genau das stellen wir bei KERN sicher.

So analysieren wir jedes Projekt individuell und empfehlen den Ansatz, der die größten Erfolgschancen bietet. Unsere Kund:innen profitieren davon, dass wir unterschiedliche Strategien kennen, bewerten und sicher durch den gesamten Prozess begleiten. 

Wir bei KERN bleiben offen für verschiedene Herangehensweisen, reagieren souverän auf Kund:innen, Prozesse und sich wandelnde Anforderungen – und erreichen so am Ende das, worauf es ankommt: ein stimmiges, funktionierendes Webdesign-Ergebnis.